Mittwoch, 21. April 2010

Klimawandel läßt die Erde beben und Vulkane speien

Treibhausgasemissionen bewirken eine globale Erwärmung. Kohlendioxidemissionen außerdem einen Anstieg der Acidität der Meere. In der Folge verändern sich Lebensräume, sterben Arten aus, werden biologische Nahrungskreisläufe unterbrochen, kommt es zu vermehrten Extremwetterereignissen, Dürren, Überschwemmungen, möglicherweise zum Verlust des Meeres als Nahrungsquelle, zu schwerwiegenden Störungen der Nahrungsmittelversorgung zum Beispiel in Asien, zu fehlender Wasserversorgung in Teilen Asiens und Australiens, zu einem Anstieg des Meeresspiegels und dadurch zur Versalzung oder Überschwemmung vieler landwirtschaftlicher Nutzflächen und von Wohngebieten im Küstenraum. Das ist nur eine Auswahl von Wirkungen, die früher oder später sicher eintreffen oder zumindest wahrscheinlicher werden, wenn die Emissionen der Treibhausgase nicht rechtzeitig eingeschränkt und schließlich beendet werden. Der Klimawandel kann außerdem vermehrt zu Vulkanausbrüchen, Erdbeben und Tsunamis führen. Und genau hier ist der Punkt, an dem auch wohlwollende Leser zunächst mit Ablehnung reagieren. Wie soll eine globale Erwärmung um ein, zwei Grad in ein paar Jahrzehnten Erdbeben auslösen?

Hilfreich ist hier ein Blick in die aktuelle Ausgabe der Philosophical Transaction of the Royal Society A. Im September 2009 fand das dritte Johnston–Lavis Colloquium am University College London statt, in dem die geologischen Auswirkungen des Klimawandels ein Schwerpunktthema war. Die dort vorgetragenen Beiträge sind nun zu 12 Publikationen in der Fachzeitschrift geworden und zeigen unter anderem auch, woher der Zusammenhang zwischen Erdbeben, Vulkanen und Klimawandel kommt. Eigentlich setzen Vulkane das Kohlendioxid wieder frei, das im Laufe von Millionen Jahren der Luft entzogen wird, indem bei der Verwitterung von Gesteinen Kohlendioxid als Carbonat gebunden wird oder indem Meereslebewesen mit ihren Kalkschalen zum Meeresgrund absinken. Insofern können Vulkane, Verwitterung und Plattentektonik auf einer Zeitskala von Jahrmillionen Klimawandel bewirken - in beide Richtungen.

Eine globale Erwärmung kann auch dafür sorgen, daß Gletscher abtauen. So ein Gletscher ist aber eine schwere Last für das darunterliegende Gestein, ganz so, als würde da ein Berg ruhen. Und so, wie das Verschwinden eines Berges die Erdschichten darunter in Bewegung bringt, führt auch das Verschwinden eines Gletschers dazu, daß die Erde darunter in Bewegung gerät. Eine mögliche Folge ist, daß Vulkane, deren Eisdecke abtaut, aktiv werden. Freysteinn Sigmundsson, Virginie Pinel, Björn Lund, Fabien Albino, Carolina Pagli, Halldór Geirsson und Erik Sturkell untersuchen in Climate effects on volcanism: influence on magmatic systems of loading and unloading from ice mass variations, with examples from Iceland in Philosophical Transactions of the Royal Society A: Mathematical, Physical and Engineering Sciences, 368, 2519-2534, doi:10.1098/rsta.2010.0042 den Effekt des Endes der letzten Eiszeit auf den Vulkanismus in Island und fanden bei Modellrechnungen heraus, daß das Abschmelzen von Gletschern den Vulkanismus gefördert hatte. Im gleichen Heft werden Studien vorgestellt, die einen Anstieg des Vulkanismus aufgrund des Klimawandels für wahrscheinlich erachten.

In anderen Beiträgen wird die Rolle untersucht, die Meeresspiegeländerungen, Abtauen von Eis oder das Auftauen von Gashydraten im Meer auf die Stabilität von Erdschichten haben können. Sowohl an Land in den Bergen (etwa in den Alpen) wie im Meer kann das Abtauen von Eis oder das Auftauen von Gashydraten zu Erdrutschen führen, die im Meer Tsunamis bewirken können. Aber auch die relative Änderung der Dicke der Meeresschicht in Folge eines El Nino kann die Belastung der darunterliegenden Erdschichten verändern. Für den ostpazifischen Rücken konnte ein Zusammenhang zwischen Erdbeben und El Nino-Ereignissen nachgewiesen werden.

Die Abhängigkeiten des Systems Erde vom Klimawandel gehen immer noch weiter, als viele für möglich halten.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Die Massen der abschmelzenden Eisschilde haben aber auch noch eine weitergehende Wirkung:
The Secret of Sea Level Rise: It Will Vary Greatly by Region, in dem die sehr ungleiche Verteilung des Meerespiegelanstiegs mit der Veränderung der Gravitation durch den Verlust an Eis-Masse erklärt wird. Abstract dazu bei science.