Dienstag, 4. Februar 2014

Schwindel verjährt

Die gelegentlich verbreitete Behauptung, der globale Temperaturanstieg hätte angehalten, ist zwar nachweislich falsch. Die globale Temperatur steigt weiter an, wie erwartet. Auch wenn man statistisch nicht beschlagen ist, sollte jedem Betrachter auffallen, dass die wärmsten Jahre seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen alle in der jüngsten Vergangenheit liegen. 2010 ist vor 2005 und dieses vor 1998 das wärmste Jahr in allen Bodentemperaturzeitreihen HadCrut4, GISS und NCDC. Und nur bei HadCrut4 liegt 1998 noch auf dem dritten Platz. Das letzte Jahrzehnt (2004-2013) ist in der GISS-Zeitreihe 0,12 Grad wärmer als das vorhergehende Jahrzehnt (1994-2003). Wie ich schon mal schrieb, sind Jahrzehntmittel von ihrer Grobheit der Beschreibung des Klimatrends besser angepasst, weil die Jahresmittel noch zu stark durch das globale Wetter schwanken.

Aus dem 5. IPCC Bericht, Arbeitsgruppe 1 - manche Leute sehen aufgrund einer optischen Wahrnehmungsallergie hier keinen Temperaturanstieg oder sogar eine Abkühlung. Man beachte besonders das untere Bild.
Um die Öffentlichkeit zu täuschen, greifen Leugner zu Tricks. Normalerweise picken sie zu kurze Zeitreihen heraus, wählen geschickt Anfangs- und Endpunkte und finden so Teile der Zeitreihe, die vom Gesamttrend abweichen, was statistisch zu erwarten ist. Weil die globale Temperatur aufgrund des Wetters von Jahr zu Jahr um den Trend schwankt, kann man bei ausreichend kurzen Abschnitten den unterliegenden Trend völlig maskieren. Man braucht nur zu schauen, wann die Zeitreihe starke Ausschläge nach oben (guter Anfangspunkt) und nach unten (guter Endpunkt) zeigt. So sind beliebte Anfangspunkte in der Vergangenheit 1995 und ganz besonders 1998 gewesen. Andererseits haben Leugner dem starken Temperatureinbruch von 2008 wohl lange nachgetrauert - nichts war so beliebt wie die Zeitreihe von 1998 bis 2008.

Und so hörten wir immer wieder, die globale Erwärmung hätte 1998 gestoppt oder es gäbe keine signifikante Erwärmung seit 1995. Hätte man 1994 oder 1996 oder 1999 als Anfangspunkte gewählt, wären andere Aussagen herausgekommen. Für Klimatologen gilt deshalb der Grundsatz, immer die zum Problem passende Zeitreihe zu betrachten und bei Temperaturzeitreihen sollten das mindestens 30 Jahre am Stück sein. Mit zusätzlichen Jahren droht die Verjährung dieser ollen Leugnerkamellen und beim 1995-Termin ist es nun soweit. Doch mehr zum Hintergrund...

Einer der Höhepunkte des Ganzen war ein Betrugsmanöver unter Beteiligung von einige Leugnern (der Wissenschaftler Richard Lindzen und die Blogger Anthony Watts und Lubos Motl). Sie benutzten einen BBC-Reporter, der reichlich naiv in der Skeptikergemeinde um Interviewfragen bat, um in einem Interview Anfang 2010 Phil Jones vergiftete Fragen unterzuschieben. Phil Jones ist Direktor des Hadley Centres in UK, wo eine der globalen Temperaturzeitreihen erstellt wird.

Aufgrund vorhergehender Berechnung und früherer Interviews sicher, wie Jones antworten würde, gaben sie dem BBC- Reporter Roger Harrabin die Frage mit, ob die Temperatur seit 1995 (bis damals 2009) signifikant steigen würde. Für einen signifikanten Anstieg waren aber gerade 15 Jahre an Daten zu kurz. Die korrekte Antwort war „nein“ und die gab Jones. Dass aber schon die Frage manipulativ und im Grunde sinnlos war, entging der Öffentlichkeit, ebenso wie die weiteren Erläuterungen, dass der Trend aber steigend sei, sobald man ausreichende Daten betrachtet. So entstand der falsche Eindruck, Phil Jones selbst zweifelt die globale Erwärmung an. Darauf hatten die Leugner spekuliert, was Motl in seinem Blog offen zugab. (Es ist seltsam, dass er so offen darüber redet, aber bei Betrügern kann es passieren, dass sie sich selbst eher für den gelungenen Betrug bewundern, als sich die moralische Frage dabei zu stellen. Seine seltsame Logik: wenn ich einen signifikanten Temperaturanstieg in kleinere Stücke teile, die für sich nicht mehr signifikant sind, habe ich die globale Erwärmung wegerklärt, deshalb musste man Jones genau diese Frage unterschieben.)  Über die manipulativen Fragen und die Reaktion in den Medien hatte ich damals schon geschrieben.

Diese Aktion stellt sich noch klarer als Betrug heraus, wenn man die neueren Daten dazu nimmt. Wie erwartet, führen weitere Jahre dazu, dass der Trend sich aus den jährlichen Schwankungen herausschält. Inzwischen ist er auf einem 98%-Niveau signifikant (auf der Basis eines F-Testes; Autokorrelation der Temperaturdaten wurde nicht berücksichtigt). Die globale Temperatur steigt rechnerisch in diesen 19 Jahren (1995-2013) um 0,009 Grad pro Jahr (HadCrut4-Datensatz, bei GISS wäre der Anstieg sogar 0,010 Grad pro Jahr und schon auf dem 99%-Niveau signifikant). Mit jedem zusätzlichen Jahr wird der ansteigende Trend höher und signifikanter. Man könnte und sollte jetzt die Leugner von 2010 fragen, ob sie einsehen, dass sie damals unrecht hatten – der Temperaturtrend seit 1995 ist tatsächlich signifikant steigend und für den Temperaturtrend seit 1998 werden wir dies auch in wenigen Jahren (vielleicht schon 2016) sagen können. Aber die Frage ist sinnlos – Leugner interessiert die Wahrheit ja gar nicht. Richard Lindzen z.B. wusste genau, dass der Temperaturtrend entgegen seinen eigenen Vorhersagen weiter steigt und hatte deshalb hier bewusst die Öffentlichkeit täuschen wollen.

Wissenschaft hat etwas damit zu tun, dass man Aussagen macht, die man überprüfen kann. Auch hier sollte man Leugner immer wieder auf die nackten Tatsachen zurückführen und darauf hinweisen, dass die einzige Antwort in der Sache sein kann, das oben gesagte zu widerlegen. Das wäre ja im Grundsatz möglich:

1. Man berechnet den Temperaturmittelwert der Jahrzehnte - findet man, dass das letzte Jahrzehnt kälter war als das vorhergehende Jahrzehnt?

2. Man berechnet den Temperaturtrend der letzten 30 Jahre - ist er negativ?

3. Man bestimmt statistisch, ob der Temperaturtrend signifikant ist (zum Beispiel mit einem F-Test, wie oben geschehen) - ist er nicht signifikant?

4. Man berechnet den Temperaturtrend 1995 bis 2013 - kommt man zu einem anderen Ergebnis?

Man wird von Leugnern keine Antworten dieser Art erhalten - der Kreuzzug gegen die Wissenschaft findet in einer anderen, einer jenseitigen Welt statt.

2 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Vorab, es gibt an sich an Ihren Beiträgen kaum etwas auszusetzen! Damit einmal ein Argument, warum es manchmal etwas an Kommentaren mangeln könnte ;-).

Man schießt sich ja eigentlich selbst ins Knie, wenn man eine „Flaute“ nach der vor 1999 nach oben schießenden Temperaturkurve krampfhaft versucht zu erklären! Auch zumal es ganz offensichtlich im wesentlichen „nur“ eine Seitwärtsentwicklung auf verdammt hohen Niveau ist, und das auch noch in einer Zeit mit überwiegend La Niña-Phasen.
Meerestemperaturentwicklung, die eingeschränkte Erfassung der Temperaturen an den Polen, Wolken, ...
Solche Faktoren gab es schon vorher, und wird es auch immer geben. Man bringt sich mit einer solchen Argumentation erst in diese Bredouille, macht sich angreifbar, und gerät dadurch in eine gewisse Rechtfertigungsdruckspirale! Und das ist an sich gar nicht nötig!

Ist denn die Globaltemperatur wirklich das Nonplusultra? Es ist ein sehr guter Richtwert! Vegetationszonen z.B. sind auch seit 1998 genau so weitergewandert. Ist es wirklich sinnvoll und überhaupt machbar, jeden kurzfristigen Trend heute schon wirklich eindeutig zu erklären, und eindeutigen Faktoren zuzurechnen? Knicks, von den kurzfristigen ist die Rede, hat es halt schon immer gegeben. Und jeder sucht den heiligen Graal der Ursachen da, wo sie uns heute vielleicht noch nicht bekannt sind, vielleicht im entsprechenden Zusammenhang zumindest.

Natürlich steckt da verdammt viel Geld dahinter, seriöse Klimaforschung zu sabotieren, bis hin zu kriminellen Methoden, ich nenne einmal stellvertretend den Datenklau. Vor allem ist es aber eines: Unwissenschaftlich! Übrigens ein harmloser Begriff dafür ;-), man könnte sich auch weitaus drastischer ausdrücken.
Doch wenn man noch ein paar Jahre gut daran verdienen kann, CO2-lastige Produkte weiter, und zwar im wachsenden Maßstab zu verkaufen, dann ist das bestimmt „gut“ angelegtes Geld.

Die zweifelhaftesten Argumente der, ich mag die ganzen Klischee-Begriffe an sich nicht, darum minimalistisch, CO2-Befürworter, sind ganz offensichtlich, nämlich nur ein einziges: Die ungeheuer schnell wechselnden Methoden, sobald denen etwas zupass kommt! Eben die abgeflachte Temperaturkurve, ein Rekordminimum der antarktischen Eisschmelze, dass offensichtlich im Folgejahr nicht wiederholbar war, das wird zur nächsten Eiszeit, …
Dagegen kann nur eines helfen, stetig an den Tatsachen weiter zu arbeiten! So wie hier durch Sie!

J. Zimmermann hat gesagt…

Hallo, ein passender Kommentar. Und danke für das Lob. Und Sie haben recht: die globale Temperatur ist nur ein Indikator für die globale Erwärmung. Es gibt auch andere und ich nehme mir schon lange vor, sie mal alle im Zusammenhang vorzustellen. Das wesentliche ist ja, dass man die Entwicklung aller Größen erklären muss - der Meerespiegelanstieg muss der wärmebedingten Zunahme des Meerwassers und dem Abschmelzen der kontinentalen Eismassen entsprechen, der Temperaturanstieg muss die richtige Signatur haben (etwa die arktische Verstärkung zeigen, stärker über Land, im Winter, in der Nacht sein) und von der Verschiebung der phänologischen Phasen (zum Beispiel frühere Kirschblüte) begleitet sein, der wachsende Treibhauseffekt muss in der wachsenden Strahlungsdifferenz zwischen Abstrahlung von der Erde und Einstrahlung von der Sonne sichtbar sein. Die Klimaforschung hat mit dem anthropogenen Klimawandel eine Theorie, die das alles erklären kann, geleugnet wird dies hingegen immer mit der Betrachtung einer Einzelgröße, ohne je eine geschlossene Theorie dagegen zu stellen. Leider ist das Zeitbudget begrenzt, aber ich komme mal darauf zurück...